darkroom

 

irgendwie kommts dann doch ein bisschen überraschend, als die brünette mit den glasaugen plötzlich damit anfängt, sich vor mir auszuziehen. die dunkle blümchenbluse, die sie vorhin beim singen getragen hat, liegt schon auf dem boden, und während sie den verschluss ihres weichen baumwollbhs aufhakt erzählt sie, dass ihre kleinen brüste den vorteil haben, nicht so schnell zu hängen. das stimmt wohl, aber ob das auch bei ihr so ist kann ich nicht beurteilen, weil sie mir zwar ihre vorderseite zeigt, zwei meter von meinem barhocker entfernt, ich sie aber im gegenlicht sehe, und das wenige licht, das von der raummitte her die spielhalle beleuchtet, wird jetzt auch noch langsam abgedreht. im dunklen hör ich sie die übrigen kleidungsstücke ausziehen und dabei erzählen, wie sie einmal nur mit einem rasch übergeworfenen nachthemd bekleidet durch ihr mietshaus gegangen ist, nur schnell runter zum briefkasten, und als sie auf dem rückweg aus dem lift getreten ist hat sie gespürt, dass da ein mann steht. sie musste an ihm vorbei, um zu ihrer wohnungstür zu kommen, und auf dem weg dorthin hat sie seine blicke auf ihrem körper gespürt. zum ersten mal in ihrem leben hat sie sich sexy gefühlt, sagt sie.

 

ich weiss das jetzt nicht mehr so genau, weil es da drinnen ja die meiste zeit ziemlich finster war, und ich hab dann hinterher auch zuviel getrunken, aber es waren jedenfalls drei frauen, nicht zwei, wenn man die alte dame mal nicht mitrechnet. eine sehr blauäugige naturblonde und zwei brünette, eine davon mit glasaugen. alle nicht jung, aber jünger als ich, so mitte dreissig bis anfang vierzig.

 

die blonde blinde hatte davor schon ein bisschen den richtungswechsel vorgegeben. mitgefühl tötet die libido, fand sie ( nachdem die brünette gesungen hatte: ich will nur deine liebe. sie singt sehr sauber und mit angenehmer stimme. sie will gerettet werden. sie will eine schulter, an die sie sich lehnen kann und arme, die ihr geborgenheit geben. sie singt, dass sie sehr einsam ist ). die blonde aber weist die vermeintlich sehenden männer darauf hin, dass sie nicht gerettet, sondern aufgerissen werden will, wie jede normale frau. von tarzan, natürlich. er soll hochgewachsen und breitschultrig sein, mit vollem lockigen haar und passendem penis, sagt sie.

 

der mann draussen war anfangs der meinung, jeder von uns hätte das bedürfnis nach intimität und nach einem guten freund oder partner, dem wir einen blick in unsere innenwelt geben können. er ist so anfang dreissig, offenes gesicht, engagiert. er sieht nicht so aus, als wär er schon einem von diesen menschen begegnet, die einem die fähigkeit nehmen, anderen zu vertrauen. und er sieht nicht so aus, als wär er schon mal als mülleimer benutzt und später zusammen mit dem bei ihm abgeladenen müll aus dem benutzerleben entfernt worden, weil er jetzt nach altem abfall riecht. mit intimität hat er vielleicht einfach vertrauen gemeint. vielleicht käme beim blick in seine innenwelt aber am ende auch nur der wunsch nach sexueller beachtung zum vorschein. er findet jedenfalls, das sehen würde nähe verhindern.

 

ich glaub es war die andere brünette, die mich dann beschrieben hat, auch überraschend, weil sie so blind war wie ihre kolleginnen: der mann da mit der hornbrille. das graue sakko, der bauch nicht ganz flach. lange beine und schuhe, die schwarz glänzen. die musik. du sollst deine hand an meine hüfte legen. du tanzt mit mir. du weisst immer genau, wo ich gerade hin will. mehr musik. wenn ich durch die türe ins freie trete, dann soll die ganze gegend voller musik sein. brahms!

 

es war ganz dunkel dabei, und sie war meter entfernt von mir.

 

aber ich hab ihre hüfte an meiner hand gespürt.