Was die Frauen uns gesagt haben wollen können

 

Dana. Dana ist gefickt, sagt sie. Dana wird in zwei Wochen dreissig, und jetzt ist sie gefickt. Aber sie sieht aus wie vierundzwanzig, oder? Alle sagen das. Und jetzt wird sie aber dreissig und ist gefickt. Dana ist vor zwei Jahren aus Shanghai zurückgekommen.

Da hat sie was mit Immobilien gemacht. Zurück in dieses Scheiss-München, wo die Männer nix draufhaben. Wo haben die Männer was drauf? Na, zum Beispiel in Australien, oder in Neuseeland. Die Chinesen? Die Chinesen. Die haben doch alle so winzige Pimmel.

Salami im Hausflur!

Ich hatte Pläne, sagt Dana. Ph-läääne. Ist aber alles nix geworden. Meine erste grosse Liebe. Nix geworden. Und jetzt werd ich dreissig und bin in den Arsch gefickt, sagt sie mir. Letztes Jahr gabs nochmal ein Revival. Hat aber nicht funktioniert.

Weil er nicht gut im Bett ist.

Ja, hab ich ihm auch so gesagt.

 

Brigitte macht das wütend. Ist das alles, was dich interessiert? Ein dicker Schwanz?

Ficken kann doch jedes Tier, dafür muss man nichts können.

Da hast Du mich jetzt ganz falsch verstanden, sagt Dana. Du verstehst mich falsch.

Dana ist hübsch, blondiertgelockt, elegant angezogen und so früh am Abend schon angetrunken. Wenn sie mit mir spricht umtänzelt ihre linke Hand meinen rechten Arm, mit verspieltem Schnappen, als würde sie unsichtbare Kastagnetten bedienen. Sie ist zu laut für das stille und bis auf uns menschenleere Theaterfoyer, in dem wir Brigitte den Rotwein wegtrinken.

 

Weils drüben keinen mehr gab. Obwohl er infinito hieß, oder so ähnlich. Drüben hat vorhin eine Frau in einem Seidenunterkleid mit angenähtem Kaninchenbommel und in Stiefeletten mit verchromten Absätzen Disco getanzt und die anwesenden Männer zur Paarung aufgefordert, bevor sie sich einen spitzastigen, aber immerhin entrindeten Fichtenstamm zwischen die Schenkel geklemmt hat um darauf zu schaukeln wie ein Kind, wonach sie davon erzählt hat, wie das war, als sie den Mann, den sie geliebt hat, geliebt hat, bevor sie ihn verlassen hat. Dann war irgendwie plötzlich Schluss. Nach einer halben Stunde.

Länger hat sie für das alles nicht gebraucht. Und auch im Vorraum drüben war Schluss, mit dem Rotwein nämlich. Der war auch überraschend aus.

Von wegen infinito.

 

Brigitte hier hat aber jetzt noch welchen für uns, nicht nur Prosecco und Bionade. Auch infinito. Mal sehen. Hier läuft nebenan gerade noch ein anderes Theaterstück, eins, in dem Frauen Kindsköpfe mit Spaghetti gebären und Papageienexkremente essen. Durch die Tür hört man gerade leise Stimmen. Dana gackert und redet trotzdem, ungedämpft, psst, und der schwarzgeschminkte Mann, der gerade von irgendwo hereingekommen ist und versucht, durch die geschlossene Saaltür sein Stichwort zu hören, pssst hihihi, der kann nur hilflos zu uns rüberlächeln, durchs ganze leere Foyer, bis zur Bar, psssspruuust, fünfzehn Meter weit, der Sarottimohr im weissen Travoltaanzug, damit er seinen Auftritt nicht verpatzt. Psssssst! Halt doch mal die Klappe jetzt!

Jetzt muss Dana aber sowieso mal Pipi. Auf meinen Vorschlag hin schenkt ihr Brigitte währenddessen zur Abwechslung Wasser ein. Zahlst Du jetzt für die? Nein.

Brigitte ist hübsch, molligwarm und dreiundvierzig, musst Du das auch noch sagen?

Brigitte hat zwei grosse Kinder und ein kleines Kreuz um den Hals hängen.

Hattest Du denn Pläne mit vierundzwanzig? Ach Gott, sagt Brigitte, und schaut

über die Theke.

Was heisst Pläne...

 

Dana ist wieder da. Nach einem Schluck Wasser und einem weiteren Glas Rotwein hört sie auf, an mir rumzuzupfen, und stöckelt durchs leere Foyer wieder in die Aufführung rein. In das Schwanzlutscherstück, wie sie es nennt. Zu dem Mann, wegen dem sie hierher gekommen ist, wie sie sagt.